Und was ist mit den Papas?

Eine Studie fragt wieder einmal nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – für die Frauen

Als ich noch keine Kinder hatte, war ich überzeugt, dass das geht: beide Eltern voll berufstätig und ein erfülltes Familienleben. Heute weiß ich: Es ist sehr schwierig. Da muss die Kita lange Öffnungszeiten haben, es braucht eine Ganztagsschule und ein dichtes soziales Netz. Arbeitgeber müssen Verständnis haben und Kollegen einspringen, wenn alle anderen Stricke reißen.

Der Organisationsaufwand ist groß und der Preis hoch: Arztbesuche oder Schulgespräche sind ein logistisches Problem, Ferien sowieso. Den Kindergeburtstag zu organisieren bedeutet Nachtarbeit, und Windpocken sind schlicht eine Katastrophe.

Auch für die Kinder ist es manchmal stressig: Sie müssen ihren Rhythmus den Arbeitszeiten der Eltern anpassen, alle Familienaktivitäten und Besuche von Freunden drängen sich am Wochenende. Den Eltern bleibt so gut wie keine Zeit für Zweitwichtigstes, etwa die Paarbeziehung oder andere Freundschaften.

„Der Gleichberechtigung tut es gut“, berichtet eine Freundin, die nach einem Babyjahr wieder vollzeit in ihren Beruf eingestiegen ist, „aber dafür gehen wir jetzt beide am Stock. Das kann es doch auch nicht sein!“ So sehe ich heute, als teilzeit berufstätige Mutter zweier Kinder, dass es für das Familienleben von Vorteil ist, wenn zumindest ein Elternteil die Arbeitszeit außer Haus reduziert – viel besser aber: beide.

Wasser auf die Mühlen traditioneller Familien-Ernährer

Ich befinde mich offenbar in großer Gesellschaft. Eine internationale Studie unter Federführung der Soziologin Jacqueline Scott von der Universität Cambridge dokumentiert  folgenden Trend: Immer weniger Menschen sind der Überzeugung, dass es dem Familienleben zuträglich ist, wenn beide Eltern voll arbeiten. Vor allem in Großbritannien und den USA ist der Glaube an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zwischen 1994 und 2002 (das sind die jüngsten ausgewerteten Umfragen) deutlich zurückgegangen.

Dachten 1994 noch gut die Hälfte der befragten Briten, dass das Familienleben nicht leidet, wenn (man beachte!) die Frau berufstätig ist, so waren es 2002 nur noch 46 Prozent der britischen Frauen und 42 Prozent der Männer. In den USA ist der Abwärtstrend noch stärker. Na, da wird sich so mancher traditionelle Familienvater mit einem zufriedenen „Siehste!“ in seinem Bürosessel zurücklehnen.

Interessanterweise war diese Entwicklung in den skandinavischen Ländern allerdings nicht zu beobachten. Dort ist die Kinderbetreuung besser ausgebaut, es gibt mehr Teilzeitjobs, und die Berufstätigkeit der Mütter ist so selbstverständlich wie eine Babypause der Väter. Interessant ist auch, dass die Zuversicht, Familie und Beruf unter einen Hut bringen zu können, in Deutschland bis 2002 noch stieg – freilich auf niedrigem Niveau: von 24 Prozent der Befragten (1994) auf 37 Prozent.

Die Moral von der Geschicht’? Offenbar, so folgert messerscharf die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die unlängst über die Studie berichtete, gehe die Entwicklung in Richtung Geschlechtergerechtigkeit nicht von selbst stetig voran. Ach nein? Die Soziologin Scott nennt als Bedingungen für eine ausgewogene Work-Family-Balance zwei ziemlich alte Hüte: eine gut ausgebaute Kinderbetreuung und einen Wandel in der Einstellung der Männer. Wie wahr!

Doch ob es diesen Wandel befördert, wenn man wie Scott immer weiter die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Frau untersucht? Wie wäre es denn, zur Abwechslung mal zu fragen: Ist es dem Familienleben zuträglich, wenn Papa seine Kinder nur am Wochenende sieht?

 

 

Erschienen in Publik-Forum, 12. 9. 2008

© Ulrike Schnellbach – Abdruck nur nach Rücksprache mit der Autorin

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